Edward Hopper

Über Office at Night ist viel spekuliert worden. Viele Kritiker sehen in Hoppers Gemälde eine Komposition, die mehr Fragen aufwirft als beantwortet. Scheint es sich auf den ersten Blick noch um eine ganz normale Büroszene zu halten – mit einem Mann am Schreibtisch und der vermutlichen Sekretärin, die einen Aktenschrank öffnet –, fällt dem Betrachter beim genaueren Hinschauen die Stille und das Unbehagliche der nächtlichen Szenerie auf. Warum arbeiten die beiden Personen nachts? In welchem Verhältnis stehen sie zueinander? Was ist das für ein Büro?

Es ist eine warme Nacht. Das Fenster steht offen. Der Wind hat die Akten auf dem Schreibtisch in Unordnung gebracht. Das Licht, das von außen ins Büro fällt, scheint heller als die normale Straßenbeleuchtung zu sein. Die Personen wirken verloren und einsam – und doch ist eine deutlich wahrnehmbare Spannung zwischen ihnen auszumachen. Die Frau am Aktenschrank trägt ein figurbetontes Kleid, ihre Haltung wirkt lasziv, ihr Gesicht dagegen ausdrucksarm.

Es gibt viele emotionale und erotische Interpretationen von Office at Night. Kate Bernheimer & Laird Hunt haben sogar eine Kurzgeschichte über die Stenografin Marge Quinn und ihren Chef Abraham Chelikowsky geschrieben. Warum also nicht auch Geschichten mit Bildern erzählen?

BüromodellBüromodell in Cinema 4D (von Nashaat Zakkour)

Der Beispielclip zeigt einen kurzen Ausschnitt, wie eine solche Geschichte aussehen könnte. Die Umsetzung ist jedoch teils sehr aufwändig, da zunächst 3D-Modelle aller Objekte und Personen erstellt werden müssen. Das Büromodell hat der 3D-Künstler Nashaat Zakkour mit Cinema 4D entworfen. Die Personen werden mithilfe der Charakteranimationsprogamme Poser und Daz Studio modelliert und im Autodesk-FBX-Format exportiert.

3D-Modell der Frau3D-Modell der Frau

Anschließend müssen die Materialien und Texturen der Charaktere in Cinema 4D angepasst und die Bewegungsabläufe animiert werden. Für den Beispielclip werden vier unterschiedliche Einstellungen mit Hilfe der Physical-Render-Engine exportiert.

Gemaltes BürogebäudeGemaltes Bürogebäude

Die Außenansicht des Bürogebäudes ist kein 3D-Modell. Das Bild wird nach einer Vorlage von Hoppers Early Sunday Morning in Photoshop gezeichnet und anschließend mit einem Paint Synthesizer überarbeitet. Zum Einsatz kommen sowohl die Freeware FotoSketcher als auch das Profi-Programm Studio Artist. Anschließend werden die 3D-Renderbilder des Fensterausschnitts mit dem Bild der Hausfassade in After Effects zusammengefügt.

StiltransferStiltransfer

Der Rohschnitt der weiteren Einstellungen erfolgt mit Premiere Pro. Der Clip wird als PNG-Sequenz exportiert und der Malstil Hoppers mit Hilfe des neuronalen Artistic-Style-Algorithmus von Leon A. Gatys, Alexander S. Ecker und Matthias Bethge auf die Renderbilder übertragen. Konkret kommen die Torch-Implementationen von Justin Johnson sowie Manuel Ruder, Alexey Dosovitskiy und Thomas Brox unter Ubuntu 15.04 zum Einsatz. Die Renderzeit für ein Einzelbild mit 1280 x 720 Pixel Größe beträgt mit GPU-Unterstützung (Titan-X-Grafikkarte) elf Minuten. Details hierzu sind den technischen Anmerkungen zu entnehmen.

Die letzten Arbeitsschnitte erfolgen in After Effects, Audition und Premiere. Neben der Skalierung der Bilder, dem Feinschnitt und der Farbkorrektur geht es hier vor allem um die Tonmischung. Zur Verwendung kommen ausschließlich Audioclips von freesound.org.

Bernheimer, Kate / Hunt, Laird: Office at Night: A Novella. Minneapolis 2004.
URL: http://www.walkerart.org/office-at-night-a-novella (abgerufen im Januar 2017)
Gatys, L.A. / Ecker, A.S. / Bethge, M.: A neural algorithm of artistic style. CoRR abs/1508.06576 (2015). URL: http://arxiv.org/abs/1508.06576 (abgerufen im November 2016)
Johnson, Justin: Torch implementation of neural style algorithm (2015).
URL: http://github.com/jcjohnson/neural-style (abgerufen im November 2016)
Ruder, Manuel / Dosovitskiy, Alexey / Brox, Thomas: Artistic style transfer for videos. CoRR abs/1604.08610 (2016).
URL: http://arxiv.org/abs/1604.08610 (abgerufen im November 2016)