Moving Paintings

Im April 2014 werden die Metro-Haltestellen in Amsterdam und Rotterdam zu Kunsthallen umfunktioniert. Fahrgäste können zwischen den Bahngleisen animierte Gemälde des niederländischen Rijksmuseums bewundern. Die digitale Ausstellung wird vom Hauptsponsor des Museums anlässlich des einjährigen Jubiläums nach Wiedereröffnung des Museums 2013 initiiert. Die Bilder sind auf 16 U-Bahn-Stationen mit insgesamt 86 Bildschirmen verteilt. Passanten können sich vor den Bildschirmen fotografieren und sogar ins Gemälde integrieren lassen – das Ergebnis kann anschließend über soziale Netzwerke geteilt werden.

Die statistische Auswertung von sechs interaktiven Displays zeigt, dass die Kampagne sehr erfolgreich ist: Über 28.000 Menschen halten vor den Gemälden inne und betrachten die Bilder. 5.740 Menschen machen ein Selfie. Eine Umfrage vor Ort bestätigt den positiven Eindruck der Passanten, bei dem besonders die gelungene Verbindung von Kunst und Animation hervorgehoben wird. (Aopen 2014)

Animierte Gemälde auf den Bahnsteigen in AmsterdamAnimierte Gemälde auf den Bahnsteigen in Amsterdam (Quelle: KPN)

2015 wird die Aktion mit sechs Gemälden aus der Ausstellung des späten Rembrandts weitergeführt. Die Animationen sind auf der Webpräsenz des Rijksmuseum-Sponsors zu sehen. Die digital bewegten Gemälde sind jedoch kein Ersatz für einen Ausstellungsbesuch. Sie sind als Werbemittel zu betrachten, die eher technikaffine Menschen für Kunst begeistern sollen. Neben diesem marketingorientierten Anwendungsbereich gibt es aber auch Ansätze, Kunst überhaupt für Menschen erfahrbar zu machen, die sie nicht mit ihren Augen wahrnehmen können. Ein Beispiel hierfür ist das Unseen-Art-Projekt des Jolla-Mitbegründers Marc Dillon.

Mona Lisa in 3DMona Lisa in 3D (Quelle: Unseen Art)

Das 2015 auf der Crowdfundig-Plattform Indiegogo vorgestellte Projekt sieht vor, blinden und sehbehinderten Menschen Zugang zu Kunstwerken über ihren Tastsinn zu ermöglichen. Künstler sollen 3D-Modelle bekannter Gemälde erstellen, die von den Nutzern kostenlos heruntergeladen und mit Hilfe eines 3D-Druckers ausgedruckt werden können. Die Kampagne ist mittlerweile abgeschlossen, da nur 14 Prozent des anvisierten Funding-Ziels von 30.000 US-Dollar eingegangen sind.

Ein ähnliches Projekt nennt sich Touching the Prado. Das Museo del Prado in Madrid lädt seit Anfang 2015 blinde und sehbehinderte Menschen dazu ein, Reliefdrucke ausgesuchter Kunstwerke der Ausstellung zu berühren und über den Tastsinn zu erfahren. Die Ausstellung wird von Audioaufnahmen und Braille-Texttafeln begleitet. Die Reliefumsetzung der Bilder basiert auf der künstlerischen Interpretation und einer Analyse der Texturen, Formen, Flächen und Farben des Bildes. Das zugrundeliegende System (Dido) kommt mittlerweile auch bei anderen Ausstellungen zum Einsatz.

Touching the PradoTouching the Prado (Quelle: www.prado.es)

Neben dem Einsatz bewegter Bilder für Werbe- und Marketingzwecke sowie für Menschen mit Sehbehinderung können animierte Gemälde helfen, Bilder zu interpretieren, Stimmungen zu verstärken, Kontextdetails zu liefern oder auch Geschichten zu erzählen.

Ein gelungenes Beispiel für das Verweben von filmischer Erzählung und bewegten Kunstwerken ist Julie Taymors Frida-Biografie (siehe dazu Frida im Abschnitt Painting Movies). Die Realaufnahmen werden mit den animierten Bildern so verschmolzen, dass eine völlig neue Erzählperspektive geschaffen wird.

Im Abschnitt Moving Paintings werden vier Kunstwerke von Vincent van Gogh, Edward Hopper, Frida Kahlo und Francisco de Goya als animierte Gemälde vorgestellt. Die Animationen sind exemplarische Arbeiten, die sowohl Anwendungsmöglichkeiten als auch Möglichkeiten der technischen Umsetzung aufzeigen sollen.

Vincent van Gogh: Selbstbildnis mit grauem Filzhut
Edward Hopper: Office at Night
Frida Kahlo: Selbstbildnis mit Dornenhalsband
Francisco de Goya: Zwei Alte essen Suppe

Aopen: KPN brings paintings of the famous Rijksmuseum Amsterdam to life via digital signage. 2014.
URL: http://www.aopen.com/us/rijksmuseum (abgerufen im Februar 2017)